Donald Trump könnte Präsident der USA werden. Auch wenn es mir beim Tippen dieser Worte noch ein wenig schwer fällt, dies zu glauben, so muss man es als reale Option betrachten. Vor wenigen Monaten hat man bezweifelt, dass er überhaupt so weit kommen würde, um der Präsidentschaftskandidat der Republikanischen Partei zu werden. Erklärungsversuche zu seinem Erfolg gibt es mehr als genug: ob linguistische Analysen seiner Reden oder die Stilmittel seines vermeintlichen Anti-Establishment-Kurs – vielfach wurde versucht, seine Inhalte zu zerlegen. Es gibt einen Grund, warum diese Versuche allerdings nichts bringen.
Trump beherrscht die Emotionen des Publikums
Der Erfolg von Donald Trump ist ein besonders spannendes Phänomen. Einerseits gibt es in seiner geschäftlichen Vita viele Projekte, die er gegen die Wand gefahren hat und die in einer großen Pleite endeten (u.a. die Trump Casinos, die Trump „Universität“, Trump Airlines, Trump Vodka, Trump Steak). Politisch bewegt er sich ebenfalls auf Glatteis. So hat sich Trump für Waterboarding und „höllisch schlimmere“ Foltermethoden in Geheimdiensten ausgesprochen, plädiert bei Angriffen auf Polizisten für die Todesstrafe und wirbt für Kriegsverbrechen im Falle von Terroristen – deren Familien sollen als Druckmittel ermordet werden. Von den rassistischen Äußerungen gegenüber Mexikanern, die er pauschal als Vergewaltiger und Kriminelle darstellt, komplett abgesehen. Diese Punkte haben nicht viel mit einem Anti-Establishment-Kurs zu tun. Andererseits ist sein Erfolg ungebrochen – und das ist nicht einmal verwunderlich.
Die Debatte um Trumps politischen Aufstieg kann man sehr gut mit zwei sozialpsychologischen Effekten ergänzen: dem Halo-Effekt (Heiligenschein-Effekt) und dem Framing-Effekt. Beim Halo-Effekt geht es darum, dass dominante Persönlichkeitsmerkmale, andere Eigenschaften „überstrahlen“. Besonders spannend: dieser Effekt hält nachhaltig an und ist nur schwer zu ändern. Der Framing-Effekt hingegen deutet darauf hin, dass Entscheidungen entsprechend der Formulierung bei gleichem Inhalt vollkommen unterschiedlich ausfallen können. Beide Effekte spielen Trump in die Hände, denn tatsächlich ist er mit Abstand der beste Kandidat in diesem Wahlkampf, wenn es um Selbstinszenierung geht.
Schaut man sich die Debatten zwischen den republikanischen Kandidaten an, gab es einen großen Unterschied zwischen Trump und dem Rest. Während man Rubio und Kasich die Nervosität ansah, während Cruz zu schnell die Bühne betrat, beobachtete man bei Trump nur ein Muster: Ruhe, Gelassenheit und Souveränität. Keine Schnörkel in der Intonation, sondern Erfolgssicherheit. So spricht Trump auch – klar, energisch, bestimmt. Wenn man allein seine Körpersprache beobachtet, könnte man tatsächlich leicht glauben, er sei ein sehr guter Leader, ein Mann mit klarer Vision, jemand, dem die Menschen wichtig sind. Das Image des starken, berechnenden Geschäftsmannes hat er in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich aufgebaut. Dieses solide Bild in der öffentlichen Wahrnehmung hat er allen anderen Kandidaten voraus und es lässt sich auch nicht so leicht umstoßen.
Die Herausforderung: Inhalte vor Performance
Wie ich bereits vor einigen Wochen in meinem Artikel „Argumente spielen in der Politik keine Rolle“ beschrieben habe, geht es in der modernen Politik um das Gefühl, das Politiker vermitteln – sie können noch so gute Ideen haben, doch werden scheitern, wenn sie schlicht unsympathisch wirken. Der Heiligenschein-Effekt wirkt nämlich auch gegensätzlich: der Teufelshorn-Effekt überdeckt die guten Eigenschaften, die ein Mensch hat, durch ein dominantes negatives Charakteristikum. Menschen funktionieren einmal so – unsere Wahrnehmung ist von biases, also Neigungen und Befangenheiten, bestimmt. Theorien der rationalen Entscheidungsfindung greifen schlicht nicht.
Im Fall von Donald Trump bezweifle ich, dass alle seine Anhänger Foltermethoden oder Rassismus gegen Mexikaner gutheißen, aber ich begreife, dass er ihnen Hoffnung gibt. Der Slogan „Make America Great Again“ heißt nämlich in der Folge, dass er auch die Bürger, die das Land ausmachen, wieder aufwerten möchte. Dies ist nach jahrzehntelangem Anstieg der Ungleichheit in den USA tatsächlich nötig. Der „American Dream“ ist inzwischen zu einem nahezu unerreichbaren Mythos verloren, denn gerade die neue Unterschicht hat an Aufstiegschancen massiv verloren. Selbst wenn ein reicher Geschäftsmann, der bereits 1988, 2000, 2004 und 2012 eine Präsidentschaftskandidatur erwogen hatte für mich nicht zu einer Anti-Establishment-Bewegung gehört, kauft man ihm genau dies ab. Das ist eine beachtliche Leistung. Kein Wunder, dass manch ein Anhänger ihn als martialischen Engel darstellt.
Da der US-Präsidentschaftswahlkampf seit den 1960-ern ein großes Medienspektakel ist, das pompöse TV-Debatten und teure Werbekampagnen hervorgerufen hat, wird Trump auch wieder auf sein Charisma setzen, wenn er gegen die Demokraten antritt. Inhalte wieder verstärkt in Debatte zu bringen, wird zwar wichtig sein, aber zu einem wesentlichen Teil gewinnt der Kandidat, der sich am überzeugendsten in der Rolle des Präsidenten/ der Präsidentin verkauft, bevor dies überhaupt der Fall ist.
Es geht halt, wie so oft, darum, Charisma zu haben, Überzeugungskraft und reden zu können. Das hatten wir ja in D auch schon zur Genüge, dass Inhalte weniger wichtig waren. Und wenn dann einer kommt, der anderweitig schon Erfolge hatte, der kann dir alles Mögliche verkaufen. Sprich Trump ist der ideale Vertreter, der totalen Mist zum Verkaufsschlager macht. Der perfeckte Außendienst-Mann
Hallo liebe Alice,
diesen Artikel finde ich wirklich sehr gut und ich habe mir auch schon so länger meine Gedanken um Trump gemacht. Vermutlich geht es in der Politik viel mehr um Inszenierung um an die Macht zu kommen als um Gehirn. Große Redner haben schon viel erreicht- auch im negativen Sinn. Es sind immer diese „mächtigen und dominanten“ Männer, die in Krisen das Ruder übernehmen können. Leider betreibt Trump (in meinen Augen) eine demagogische Politik. Er weckt die Angstgefühle der Menschen und spielt sie gekonnt hoch. Durch seinem jungenhaften Benehmen, denke ich, verzeihen die Menschen ihm sehr viele Ausrutscher. Er wirkt lustig und sympathisch und wie du sagst, hat er diesen Heiligenscheineffekt. Ich persönlich hoffe, dass er nicht Präsident wird, weil das natürlich ziemlich blöd wäre, aber sein Charisma ist schon sehr stark…
LG
Hallo!
Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Trump ist defintiv interessant, aber spannend finde ich auch seine Wählerschaft. Man müsste wirklich ernsthaft ergründen, warum Menschen darauf anspringen, vor allem wenn es um rassistische Inhalte geht.
LG
Ich habe mir mal so einige Videos dazu angeschaut, wo die Leute gefragt werden, warum sie ihn wählen. Dabei kam heraus, sowas wie „cool“, „lustig“, „er hat recht“ und „er ist ein intelligenter Mann“. Ich hab mir seine Wähler immer ein bisschen Homer Simpsonmäßig vorgestellt, also rund, weiß, männlich, eher blond, aber da lag ich logisch völlig daneben. Da ist echt alles dabei. Ich hab es jetzt nicht gefunden aber das stellt mir auch schon die Haare auf… https://www.youtube.com/watch?v=5NzhQWcc7h4
Es kommt mir aber vor, dass generell die ganze Welt gerade einen leichten Ruck nach rechts macht, besonders wenn wir uns auch Europa anschauen. Irgendwie gruslig…
LG
Hallo bin heute auf dich und deinen Blog gestoßen und werde bestimmt öfter mal vorbeischauen 😉
Auf Twiiter haben wir uns ja schon ein wenig ausgetauscht. 🙂
So nun zum Artikel:
Wer ist besser geeignet die größte Reality Show der Welt zu gewinnen als ein ehemaliger Reality-Star? 😀
Wie du richtig erläuterst hast, hat er die beste Performance der republikanischen Kandidaten hingelegt. Tatsächlich wird das auch der Fall sein gegen Hillary.
Auf inhaltlicher Ebene ist Trump vielleicht der schrillste oder lauteste, aber an vielen Stellen noch nichtmal der radikalste. Ich erinnere mich z.B. an eine Szene in der es um besagte Folter ging. Allerdings hat die nicht nur Trump gefordert, sondern auch Rubio und Cruz. Der eine der noch Zurückhaltung anmahnte (Folter aber auch ok fand) wurde glatt ausgebuht. Hier hat man dann hauptsächlich berichtet was Trump gesagt hat und nicht das er sich in bester Gesellschaft befunden hat.
Wenn man nun verstehen möchte warum er von seinen Anhängern gewählt wird, lohnt sich ein Blick auf seine Aussagen abseits der Hetze. In denen verspricht er nicht nur gute Jobs, sondern auch, dass er keine Sozialkürzungen vornehmen würde. Außerdem findet er Obamacare schlecht möchte aber auch ,,niemanden auf der Straße sterben lassen´´.
Wir können das unglaubwürdig finden, aber bei seinen Anhängern verfängt das.
Aus unserer europäischen Sicht sehe ich keinen Unterschied, ob Trump oder Clinton Präsident wird. Clinton ist bekannt dafür militärischen Optionen nicht abgeneigt zu sein und Trump hat verlautbart, dass er ,,good Deals´´ machen möchte und solange das kein Krieg bedeutet soll es mir recht sein.
So das wars erstmal 😀
LG Darius aka Farlander 🙂
Hey!
Danke für den Kommentar!
Klar müsste man eigentlich auch die Programmatik tiefer erläutern, aber ich denke, dass gerade in einem so medial getriebenen Wahlkampf wie dem in den USA, die Aussagen betrachtet werden sollten, die den Menschen im Kopf bleiben und das ist nun einmal die Mauer, Hetze, antimuslimische Haltungen, etc. Meinem Empfinden nach geht es weder in Deutschland, noch in den USA tatsächlich um Inhalte, sondern darum,wie man Menschen überzeugt. Das ist zwar traurig und irreführend, aber effektiv.
Liebe Grüße
Alice
Da widerspreche ich nicht. Ich wollte lediglich ergänzen warum er wohl tatsächlich viele Wähler. Das die Performance jedoch massiv im Vordergrund steht ist auch für mich Fakt.
Interessanterweise ist der aussichtreichere Kandidat gegen Trump, Bernie Sander, genau das Gegenteil. In den Debatten gegen Clinton ist immer inhaltlich geworden, während sie Parolen auch nur Parolen abgelassen hätte, wenn sie von ihm nicht gezwungen gewesen wäre zu reagieren.
Nun jetzt heißt es zu 99% Clinton vs. Trump und die werden sich wohl derart mit Dreck bewerfen, sodass sie ihre eigene satirische Darstellung sind.
Durchaus unterhaltsam, aber leider geht es immer noch um politische Ämter