Es gibt einige sachliche Gründe, die das Gender Pay Gap erklären, aber Golf lasse ich nicht gelten.
Der Titel-Screenshot stammt aus dem Wall Street Journal vom 13. April. Im betreffenden Beitrag geht es um eine Studie, laut welcher (zu) wenige Frauen in Führungspositionen Golf spielen – und weshalb das ein Problem ist. Eine der Studienautorinnen wird dazu interviewed. All dies ist interessant, denn…
1️ Das Leistungsprinzip allein reicht offenbar vielerorts nicht aus.
Im beruflichen Kontext soll Leistung das wichtigste sein. Fleiß und gute Ergebnisse sollen belohnt werden. Aber dies allein reicht offenbar nicht aus. Netzwerken ist in vielen Branchen ein wichtiger Teil der Karriere – auch jenseits der eigentlichen beruflichen Tätigkeit. Das wirkt für Menschen, die sich durch ihre Arbeit beweisen möchten, unfair. Ich mutmaße allerdings, dass Sympathie und Kontakte immer eine Rolle spielen werden. Was interessant ist: In den USA scheinen diese Spielregeln klarer zu sein. Es ist bekannt und wird – wenn auch zähneknirschend – akzeptiert, dass gute Kontakte wichtig sind.
Eine große Gefahr: Ausgrenzung von Personen, die introvertierter oder schüchterner sind – oder schlicht nicht in eine Gruppe passen. Eine weitere Gefahr: Leistung verliert an Bedeutung, wenn Kontakte zu wichtig werden – das ist extrem demotivierend.
2️ „Fixing the women“ scheint noch immer akzeptabel zu sein?!
Die Idee, dass Frauen selbst an geringerem Erfolg Schuld sind, ist weit verbreitet. Varianten davon sind: „Frauen verhandeln einfach zu schlecht“, „Frauen haben schlicht andere Prioritäten als Karriere“ oder „Frauen haben ein geringeres Selbtbewusstsein“. Hinter vorgehaltener Hand hört man diese Sätze noch oft. Dass allerdings so deutlich und offen Frauen für etwas so Sonderbares wie die geringere Vorliebe für Golf beschuldigt werden, habe ich nicht erwartet. Erstaunlich: Im Artikel gibt es keine Einordnung dazu, welche zentralen Hürden Frauen in Führungspositionen sonst begegnen. Ich bin verwundert.
3️ Journalistischer Umgang mit Studien erfordert Einordnung
Ich habe mir die Originalstudie angeschaut, welche auf einer Textanalyse basiert. Rund 100 Artikel über Frauen, berufliche Netzwerke und Golf wurden analysiert. Allerdings sind einige Artikel bereits 20 Jahre alt und man kann zum einen vermuten, dass die Arbeitskultur sich mittlerweile verändert hat. Zum anderen hätte man kritisch nachfragen können, ob es nicht moderne Formen des inklusiven Netzwerks gibt und weshalb Golf weiterhin als Goldstandard gelten sollte. Studien geben großartige Impulse für Debatten – dabei braucht es aber auch stets Einordnung.
Frauen, die auf Golfbälle starren
