Am vergangenen Wochenende habe ich mich in Berlin auf den gemacht, um Menschen unterschiedlicher Altersgruppen danach zu fragen, was ihre spontane Assoziation mit dem Begriff „Flüchtlinge“ ist – komplett ohne politischen Kontext, ohne Einleitung, ohne Kommentar, ohne Diskussion. Das Wort ist inzwischen so geladen, instrumentalisiert und polarisierend debattiert, dass es mich interessiert hat, was bei den normalen Leuten auf der Straße im Kopf hängengeblieben ist. Als Dank für ihre Zeit gab es ein Schoko-Bon. Das sind ihre ungefilterten Antworten:
Jenny (14): Zu viele
Lisa (16): Brennende Asylheime
Marlena (16): Bad Belzig – weil bei uns da gerade so viele Flüchtlinge angekommen sind
Saskia (16): Asylheime, Bernau
Tom (17): Arme Kriegsflüchtlinge
Julia (20): Spaltet Deutschland
Peter (20): Problem
Erik (22): Krieg
Felix (23): Willkommen
Liliana (24): Das sind echt arme Leute, die herkommen
Joanne (25): Chaos in Syrien
Martin (25): Probleme
Vera (26): Nicht alle über einen Kamm scheren
Per (29): Flüchtlingscamps, Krieg
Simon (29): Willkommenskultur
Line (29): Angst
Anna (30): Integrieren
Konrad (33): Angst
Martin (34): Schlimm wie in Deutschland die Stimmung kippt
Medi (36): Ein komplexes Problem, das eine komplexe Lösung braucht
Marco (37): Syrer sind sehr herzliche Menschen
Sebastian (39): Traurig
Ingo (43): Mitleid – die haben ja einen harten Weg hinter sich
Torben (46): Zu viele
Jan (48): Willkommenskultur
Hermann (52): Freiwilligenarbeit
Margot (57): Läuft alles gerade nicht so gut
Anneliese (60): Viele offene Fragen habe ich
Werner (65): Man darf die Menschenwürde nicht vergessen
Hans (66): Unsauber
Was kann man aus diesen Antworten ziehen? Kann man überhaupt etwas daraus ableiten? Die Stichprobe ist eindeutig zu klein. Trotzdem möchte ich diese Assoziationen wohlwollend deuten, denn obwohl die Parteien die Säbel wetzen, scheint sich bei den Bürgern ein ehrlicher Realitätssinn einzustellen. Die Meinungen sind nicht einseitig, Emotionen und Ängste können nicht gestillt werden, aber gerade darin liegt das Potenzial für eine vernünftige (politische) Debatte. Es sind nämlich nicht die wütenden Extremen, die sich online gegenseitig beleidigen, die die Mehrheit ausmachen. Vielleicht reicht es manchmal, wenn man jemanden außerhalb seines Mikrokosmos fragt, was er oder sie denkt, um zu begreifen, was in diesem Land passieren könnte.
Gute Sache! Gab es auch Menschen, die die Antwort verweigert haben?
Nicht bei dem Begriff – manche hatten halt an sich keine Lust auf die Befragung, bevor ich überhaupt erklärt hatte, worum es geht. Sobald sie jedoch bereit waren, haben sie dann auch alle geantwortet.
Interessante Auflistung, v.a. bei dem ganzen verbalen Drastik online!
Hast du sie um ein Wort gebeten oder ist das dein Destillat einer laengeren Antwort?
Ich habe sie um spontane Assoziationen gebeten. Bei den meisten kam ein Wort oder eben ein kurzer Satz.